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Gefährdung der Gemeinnützigkeit bei geschlechtergetrennten gemeinnützigen Vereinen

9. August 2017 – Dr. Rafael Hörmann
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    Der insbesondere für Fragen der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und § 3 Nr. 6 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zuständige fünfte Senat des Bundesfinanzhofs hat in einem Urteil aus dem Mai diesen Jahres (BFH, Urteil vom 17.05.2017; Az.: V R 52/15) eine weitreichende Entscheidung für die Gemeinnützigkeit in Bezug auf den kategorischen Ausschluss der Mitgliedschaft eines gesamten Geschlechts durch Vereinssatzungsregelung getroffen.

    Der BFH entschied im vorgenannten Urteil, dass eine Freimaurerloge, die einen eingetragenen Verein darstellt, nicht Frauen gesamtheitlich von der Mitgliedschaft ausschließen kann, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu verlieren. Der Verlust der Gemeinnützigkeit führt immer zumindest zum vorläufigen Verlust der Gemeinnützigkeit für einen Veranlagungszeitraum (d.h. für zumindest ein Jahr).

    Vorläufig ist der Verlust der Gemeinnützigkeit, wenn die Gemeinnützigkeit im folgenden Veranlagungszeitraum durch die Erfüllung der Voraussetzungen des Gemeinnützigkeitssteuerrechts wiedererlangt wird. Wird die Gemeinnützigkeit nicht wiedererlagt, so wird eine 10-jährige Nachversteuerung ausgelöst gemäß § 61 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO). Die Nachversteuerung erstreckt sich unter anderem auf die gemeinnützigkeitsbedingte Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuerbefreiung bzw. – ermäßigung.

    Die Urteilsbegründung kann auf alle rein geschlechtergetrennten Vereine bei der Förderung der Allgemeinheit durch das Verfolgen gemeinnütziger Zwecke sinngemäß übertragen werden. Es kann die Gemeinnützigkeit bei allen Verein in Frage gestellt werden, die eine Personengruppe auf Grundlage ihrer Geschlechtszugehörigkeit oder sonstiger diskriminierender Gründe von der Mitgliedschaft von Anfang an kategorisch ausschließen bzw. ihnen die Mitgliedschaft verweigert.

    Das Urteil erstreckt sich nicht auf gemeinnützige Vereine, die mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, da nicht die Allgemeinheit als Ganzes gefördert wird. Für katholische Ordensgemeinschaften ist insoweit weiterhin der Ausschluss von jeweils Männern oder Frauen möglich.

    Um die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit auch in Zukunft zu erfüllen, sollten potentiell von der Tragweite des Urteils betroffene Vereine, wie z.B. Schützenbruderschaften oder Frauenchöre, ihre Satzung auf Verstöße gegen die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit bei der Förderung der Allgemeinheit prüfen lassen. Nach unsere Auffassung sollte es auch zukünftig denkbar bleiben, eine Begrenzung der Aufnahme in einen Verein nach persönlichen Kriterien, etwa Geschlecht, Alter ect. einzuschränken. Entscheidend wird dabei sein, ob diese Begrenzung zweckdienlich oder gar schlicht erforderlich ist. So ist nach der Rechtsprechung des vierten Senats des BFH (BFH, Urteil vom 23.06.1988, Az.: IV R 21/84) eine am Zweck der Förderung orientierte Einschränkung zumindest des zu fördernden Personenkreises am Beispiel eines Förderangebots für eine bestimmte Berufsausbildung möglich, solange diese Einschränkung sachlich geboten ist. Jeder Willkür in der Aufnahme von Mitgliedern durch gemeinnützige Vereine ist spätestens mit dem Urteil vom Mai 2017 eine Absage zu erteilen.

    Bei der umfassenden Prüfung Ihrer Satzung und möglichen Lösungsvorschlägen sind wir gerne behilflich.

     

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