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Keine sozialversicherungspflicht für ehrenamtliche Aufwandsentschädigung

25. Mai 2018 – Dr. Rafael Hörmann
    sozialversicherungspflicht bei handwerkern

    Ehrenamtliche Aufwandsentschädigungen sind grundsätzlich nicht sozialversicherungspflichtig

    Mit Urteil vom 16. August 2017 hat der 12. Senat des Bundessozialgerichtshofs (BSG, Urteil v. 16.8.2017 – B 12 KR 14/16) die Aufwandsentschädigung eines selbstständigen Handwerkers, der für eine Kreishandwerkerschaft ehrenamtlich als Vorstandsmitglied (Kreishandwerksmeister) zwischen 2006 und 2009 tätig war, für nicht sozialversicherungspflichtig erklärt.

    Anbei finden Sie eine Erläuterung zum Gerichtsaktenzeichen des BSG:

    B12KR14/16R
    Instanz- Kennzeichen
    (hier: Bundessozialgericht)
    Spruchkörper
    (hier: 12. Senat)
    Sachgebiet
    (hier: gesetzliche Krankenversicherung)
    lfd. Nr.Eingangsjahr
    (hier: 2016)
    Verfahrensregister
    (hier: Revisionsverfahren)

     

    In der Zeit von 2006 bis 2009 hatte der Kreishandwerksmeister in den ersten beiden Jahren eine Aufwandentschädigung in Höhe von 6.420,00 EUR und in den Folgejahren i.H.v. 6.600,00 EUR für seine Vorstandstätigkeit erhalten.

    Klägerin war eine Kreishandwerkerschaft, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitglieder die Handwerksinnungen des südlichen Teils des zugehörigen Landkreises sind. Aufgabe der Kreishandwerkerschaft ist insbesondere die Interessenvertretung der gesamten selbstständigen Handwerkerschaft und der Handwerksinnungen ihres Bezirks.

    Die Beklagte war die Deutsche Rentenversicherung Bund als bundesweit tätige Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland. Diese hatte von der Klägerin für die ihrer Ansicht nach vorliegende geringfügige Beschäftigung des Kreishandwerksmeisters für den Zeitraum von 1.1.2006 bis 31.12.2009 einen pauschalen Rentenversicherungsbeitrag von 2.632,73 EUR mit Bescheid vom 7.7.2011 gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gefordert. Die Rücknahme des Bescheids vom 7.7.2011 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.11.2017 und Widerspruchsbescheid vom 31.1.2012 ab.

    Im nachfolgenden Rechtsstreit hob das zuständige Sozialgericht die Bescheide vom 17.11.2011 und 31.1.2012 auf. In der Folgeinstanz wies das Landessozialgerichts Schleswig-Holstein (LSG Schleswig-Holstein v. 24.2.2016-L 5 KR 117/15) jedoch die Klage der Kreishandwerkerschaft ab. Durch Urteil hob der BSG die Klageabweisung des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein (LSG Schleswig-Holstein v. 24.2.2016-L 5 KR 117/15) auf und erklärte die ablehnenden Bescheide der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 17.11.2011 und 31.1.2012 für rechtswidrig.

    Der 12. Senat  hat in der Urteilsverkündung Kriterien zur Abgrenzung von sozialversicherungsfreier ehrenamtlicher Aufwandsentschädigung und sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis aufgestellt. Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis liegt vor, wenn:

    • der Beschäftigte als Arbeitnehmer eine persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber hat. Dies ist der Fall, wenn eine Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers vorliegt und dem Arbeitgeber ein Weisungsrecht bezüglich Ort, Zeit, Dauer und Art der Ausführung der zu erbringenden Arbeitsleistung gegenüber dem Beschäftigten besitzt

    und

    • die Tätigkeit in der Erwartung einer finanziellen Gegenleistung und zu Erwerbszwecken ausgeführt wird. Der BSG merkte an, dass die Erwerbsabsicht zwar kein wesentliches Merkmal einer sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmertätigkeit sei, ihr Fehlen jedoch gegen das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nach Gesamtwürdigung der Umstände spräche.

    Nach Ansicht des Revisionsgericht, des BSG, lag nach den genannten Kriterien keine Sozialversicherungspflicht des Kreishandwerksmeisters vor, da er kein sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter der Kreishandwerkerschaft war und eine finanzielle Zuwendung durch die Kreishandwerkerschaft als Aufwendungsersatz die Unentgeltlichkeit einer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht grundsätzlich ausschließt.

    Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sind insbesondere alle Arbeitnehmer/-innen, die kranken-, renten-, pflegeversicherungspflichtig sind. Für geringfügig Beschäftigte ist der Arbeitgeber zur Entrichtung pauschalierte Beiträge zu Kranken- und Rentenversicherung  verpflichtet.

    Dem Kreishandwerksmeister war nach Aussage des BSG kein sozialversicherungspflichtiges Einkommen gezahlt, sondern ein pauschaler Ausgleich für seine übernommene Verpflichtung ausbezahlt worden. Der Aufwendungsersatz kann nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH Urteil v. 31.1.2017 – IX R 10/16) auch finanzielle Zuwendungen als Ausgleich für Zeitversäumnis- und Verdienstausfall enthalten.

    Nach der Höhe der Beträge zwischen 6.420,00 EUR i.H.v. 6.600,00 EUR pro Jahr kann nicht auf eine finanzielle Abhängigkeit des Kreishandwerksmeisters von der Kreishandwerkerschaft geschlossen werden. Der BSG erläuterte im Anschluss nicht, ab welcher Höhe eine Abhängigkeit vorliegen könnte und ließ die Entscheidung über eine pauschale maximale Grenze eines jährlichen Aufwendungsersatzes offen. Für das Vorstandsamt als Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft ist gem. § 89 Abs. 1 Nr. 5 und  66 Abs. 4 HwO i.V.m. § 18 Abs. 4 der Satzung der vorliegenden Kreishandwerkerschaft die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit gesetzlich vorgeschrieben. Die Erwerbsabsicht konnte nach Ansicht des BSG daher nicht im Vordergrund stehen.

    Der 12. Senat des BSB ergänzte die Urteilverkündung um den Hinweis an den Gesetzgeber, dass er sich eine Reaktion des Gesetzgebers zur Klarstellung bezüglich der Sozialversicherungspflicht von ehrenamtlich Tätigen erhoffe, um diesbezüglich Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen. Eine Reaktion des Gesetzgebers auf den Hinweis gab es bisher nicht. Die vorgeschalteten bisherigen Versuche zur Anpassung der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von Aufwandentschädigungen von ehrenamtliche Tätigkeit in den Entwürfen eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit in 2000 und 2008 (v. 4.7.2000- BT-Drs. 14/3778 und v. 14.08.2009 – BR-Drs. 597/08) sind bis dato nicht in ein entsprechendes Gesetz umgesetzt worden.

     

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