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Vereinsgericht oder echtes
Schiedsgericht – Wann ist der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen?

Veröffentlicht am 18.02.2019

 

1. Unklarheiten in der Gerichtsbarkeit von Vereinen und Verbänden

Viele Vereine und Verbände sehen in ihrer Satzung und in sich daraus ergebenden Schiedsordnungen sogenannte Schiedsgerichte oder auch Vereinsschiedsgerichte sowie Vereinsgerichte vor. Ob dabei ein echtes Schiedsgericht im Sinne der Zivilprozessordnung (ZPO) oder ein „unechtes“ Schiedsgericht in Form eines Vereinsgerichts als Organ des Vereins vorliegt, ist den Beteiligten des Verfahrens oftmals nicht klar.

2. Abgrenzung der Gerichte ist entscheidend

Die Abgrenzung, ob eine nach der Satzung vorgesehene Gerichtsbarkeit ein echtes Schiedsgericht im Sinne des § 1029 ZPO oder ein Vereinsgericht ist, hat aber unter anderem Auswirkungen auf die Überprüfbarkeit der jeweiligen Entscheidung sowie auf den Ausschluss der Anrufungsmöglichkeit ordentlicher Gerichte (Zivilgerichte wie Amtsgerichte und Landgerichte, je nach Streitwert). Während Entscheidungen eines Vereinsgerichts in vollem Umfang der Überprüfung der ordentlichen Gerichte unterliegen können, gelten für die Aufhebung eines Urteils eines echten Schiedsgerichts die engen Grenzen des § 1059 ZPO. Auch wird bei einem echten Schiedsgericht die Streitigkeit dem Schiedsgericht unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs zugewiesen.

3. Kriterien zur Abgrenzung

Die Bezeichnung des jeweiligen Gerichts in der Satzung ist zur Abgrenzung insoweit irrelevant, bzw. kann allenfalls ein erstes Indiz sein. Dies gilt ebenso, wenn Verfahrensbestimmungen mit der Bezeichnung „Schiedsordnung“ erlassen wurden und in Satzung oder Ordnung Vorschriften der ZPO für anwendbar erklärt wurden. Zur Abgrenzung sind vielmehr die folgenden Kriterien heranzuziehen:

  • Ein echtes Schiedsgericht liegt in ersten Schritt nur dann vor, wenn dieses eine unabhängige und neutrale Instanz bietet. Nur dann kann es an Stelle eines ordentlichen Gerichts entscheiden. Das Schiedsgericht eines Vereins muss also als organisatorisch und personell unabhängiger und unparteilicher Spruchkörper organisiert sein, der Verein darf keine „Übermachtstellung“ innehaben. Ein Vereinsgericht wird hingegen in den Verein eingegliedert und somit ein Organ des Vereins sein. Die Beteiligten eines vereinsgerichtlichen Verfahrens können beispielsweise nicht „paritätischen“ Einfluss auf die Besetzung des Gerichts nehmen, da das Gericht oftmals, z.B. von der Mitgliederversammlung, gewählt wird (anders: Schiedsgericht einer GmbH, Wahl der Schiedsrichter in der Gesellschafterversammlung ist zulässig, da Gesellschafterkreis anders als der Mitgliederkreis eines Vereins wenig wechselt sowie gering und damit abgrenzbar ist, vgl. OLG München, Beschluss vom 24.08.2010 - 34 Sch 21/10).
     
  • Ein nächstes Unterscheidungskriterium ist die Anwendbarkeit zwingender Verfahrensvorschriften der Zivilprozessordnung. Im Rahmen eines echten schiedsgerichtlichen Verfahrens dürfen diese Vorschriften nicht abbedungen werden, ein vereinsgerichtliches Verfahren hat diese hingegen nicht zwingend zu beachten.
     
  • Aufgrund seiner Organstellung kann zudem ein Vereinsgericht nur durch Satzungsregelung eingesetzt werden. Ein Schiedsgericht kann hingegen durch eine Schiedsvereinbarung gem. §§ 1029, 1031 ZPO, welche zum Satzungsbestandteil zu erklären ist und beim eingetragenen Verein zum Vereinsregister einzureichen ist, in Form einer individualvertraglichen Vereinbarung oder in Form einer AGB-Klausel oder eben durch eine Satzungsanordnung eingesetzt worden sein.
     
  • Außerdem muss der Streitgegenstand für ein echtes Schiedsgericht schiedsfähig sein, vgl. § 1030 ZPO. Demnach muss ein vermögensrechtlicher Anspruch vorliegen. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten sind nur dann schiedsfähig, wenn die Parteien über den Gegenstand des Streits vergleichsberechtigt sind.
     
  • Ein weiteres Unterscheidungskriterium zwischen einem Schiedsgericht und einem Vereinsgericht ist der Ausschluss des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten. Für ein Vereinsgericht kann der Rechtsweg zu einem ordentlichen Gericht nicht ausgeschlossen werden. Bei einem echten Schiedsgericht wird die Streitigkeit dem Schiedsgericht unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs zugewiesen. Einzig die Zuständigkeit ordentlicher Gerichte für den einstweiligen Rechtschutz kann nicht abbedungen werden. Ein solcher Ausschluss muss sich aus der jeweiligen Schiedsklausel ergeben. Liegt kein solcher Ausschluss vor, ist ein Vereinsgericht gegeben. Liegt hingegen aufgrund der obigen Unterscheidungskriterien ein Vereinsgericht vor, ist der Ausschluss des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten unwirksam.
     
  • Sollte ein Schiedsgericht als ständiges, mithin institutionelles Schiedsgericht eingerichtet sein, muss sichergestellt sein, dass es sich um einen unabhängigen und neutralen Spruchkörper handelt. So darf es, um ein echtes Schiedsgericht zu sein, nur als Einrichtung des Vereins, nicht als Organ bezeichnet werden und muss organisatorisch vom Verein abgrenzbar sein.

Entscheidend für eine Abgrenzung zwischen einem echten Schiedsgericht und einem bloßen Vereinsgericht sind also nicht ausschließlich die Bezeichnung, sondern die oben aufgezeigten Kriterien. Zur Feststellung ob das Vereinsschiedsgericht den Kriterien eines echten Schiedsgerichts entspricht, hat demnach im jeweiligen Einzelfall eine Überprüfung zu erfolgen.

Die wichtigsten Unterscheidungskriterien haben wir Ihnen in einer übersichtlichen Tabelle noch einmal zusammengefasst:

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4. Im Normalfall liegt ein Vereinsgericht vor

Liegen die Voraussetzungen für ein echtes Schiedsgericht nicht vor, so ist kein Schiedsgericht sondern ein Vereinsgericht gegeben. Häufig dürfte es sich bei einem (Vereins-)Schiedsgericht also in Wirklichkeit um ein Vereinsgericht handeln, welches regelmäßig zur Verhängung oder Überprüfung von Vereinsstrafen und Ausschlussverfahren zuständig ist. Demnach unterliegen Entscheidungen eines solchen Gerichts der vollständigen Überprüfbarkeit durch ein ordentliches Gericht.

Aber auch bei Vorliegen eines Vereinsgerichts sollte vor Einleitung eines Verfahrens vor einem ordentlichen Gericht, insofern das Vereinsgericht sachlich zuständig ist, das vereinsgerichtliche Verfahren eingeleitet werden. Ansonsten droht eine Klageabweisung bei einem ordentlichen Gericht aufgrund der Unzulässigkeit der Klage, denn diese ist erst nach Ausschöpfung der vereinsinternen Rechtsmittel zulässig. Es fehlt insofern am Rechtsschutzbedürfnis


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