Rückwirkende Erhöhung von Kindergeld und Freibeträgen
10. Juli 2015
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Dr. Rafael Hörmann
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
- Der Grundfreibetrag für jeden Steuerpflichtigen erhöht sich ab dem 01.01.2015 auf 8.472 EUR (+118 EUR) und ab dem 01.01.2016 auf 8.652 EUR (+180 EUR). Die Beträge wirken auch auf die Unterhaltsverpflichtungen als außergewöhnliche Belastungen zurück.
- Der Kinderfreibetrag (einschließlich des Freibetrags für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung) erhöht sich ab dem 01.01.2015 auf 7.152 EUR (+144 EUR) und ab dem 01.01.2016 auf 7.248 EUR (+96 EUR).
- Das monatliche Kindergeld erhöht sich ab dem 01.01.2015 um 4 EUR auf 188 EUR (1. und 2. Kind), auf 194 EUR für das dritte und auf 219 EUR für weitere Kinder. Ab dem 01.01.2016 erfolgt eine weitere Erhöhung um noch einmal 2 EUR pro Kind.
- Für Alleinerziehende ist die beschlossene Erhöhung des Entlastungsbetrags sicherlich positiv zu werten. Ab dem 01.01.2015 wird dieser Freibetrag um 600 EUR auf 1.908 EUR angehoben. Jedes weitere Kind wird noch einmal mit 240 EUR berücksichtigt. Für die weiteren Kinder wird künftig auch die Erfassung im Lohnsteuerabzugsverfahren ermöglicht (bisher konnten nur der Grundentlastungsbetrag über die Steuerklasse II und weitere Kinder über das Lohnsteuerermäßigungsverfahren oder bei der Einkommensteuererklärung berücksichtigt werden).
- Das Kindergeld wird in Kürze rückwirkend zum 01.01.2015 angepasst werden, so dass die ersten Auswirkungen der Gesetzesänderung bald bemerkbar werden. Die Freibeträge werden erst mit dem Lohnsteuerabzug im Dezember berücksichtigt, so dass die Auswirkungen vermutlich erst im Dezember 2015 bzw. im Januar 2016 zu sehen sind. Wie hoch die Entlastung ist, hängt von dem persönlichen Grenzsteuersatz ab. Es ist so weit: Ganz knapp vor dem Fristablauf hat der Bundesrat am 10.07.2015 zur Umsetzung der europäischen Bilanzrichtlinie das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz beschlossen. Für bilanzierende Unternehmen gelten damit neue Größenkriterien. Diese sind grundsätzlich erstmals für nach dem 31.12.2015 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden. Davon abweichend können die erhöhten Schwellenwerte zur Bestimmung der Größenklasse bereits freiwillig auf Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2013 beginnen, angewendet werden. In Konzernverbünden darf dies jedoch nur einheitlich geschehen.
Die neuen Größenkriterien:
Bilanzsumme in EUR
Umsatzerlöse in EUR
Arbeitnehmer
alt
neu
alt
neu
alt = neu
Klein
4,84 Mio.
6 Mio.
9,68 Mio.
12 Mio.
max. 50
Mittel
19,25 Mio.
20 Mio.
38,5 Mio.
40 Mio.
max. 250
Neben den typischen Größenerleichterungen für Unternehmen sind folgende Regelungen von Bedeutung: - Der Begriff der Umsatzerlöse wird ausgeweitet. Bisher waren lediglich Umsätze aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auszuweisen - nun ist die Gewöhnlichkeit nicht mehr relevant. Die - nun möglicherweise höheren - Umsatzerlöse sind ausschlaggebend für die Klassifizierung der Unternehmensgröße. Anlagenveräußerungen zählen weiterhin nicht zu den Umsatzerlösen.
- Die Befreiungsvorschriften über die Erstellung eines Jahresabschlusses für Tochterunternehmen, Personenhandelsgesellschaften und Mutterunternehmen sind verändert worden. Unter anderem wurde für Tochterunternehmen klargestellt, dass sich die erforderliche sogenannte Einstandsverpflichtung (die Erklärung des Mutterunternehmens über das Einstehen für die Verpflichtungen der Tochter) auf alle am Bilanzstichtag bestehenden Verpflichtungen bezieht.
- Künftig muss ein entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert über zehn Jahre abgeschrieben werden, sofern die tatsächliche Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden kann. Für die Steuerbilanz ist eine abweichende Abschreibung über 15 Jahre zu beachten. Das führt weiterhin zu unterschiedlichen Bilanzen, Gewinnen und dem Ausweis latenter Steuern, also verborgener Steuerlasten oder -vorteile.
- Investment- und Beteiligungsgesellschaften können keine Kleinstkapitalgesellschaften sein. Größenabhängige Erleichterungen können sie also nicht vollumfänglich in Anspruch nehmen.
- Für noch nicht vereinnahmte Beteiligungserträge - sogenannte phasengleiche Gewinnvereinnahmung - soll eine Ausschüttungssperre gelten. Diese Ansicht dürfte nach Expertenmeinung jedoch weitgehend ins Leere laufen. Für Konzerne ist die Regelung ohnehin ohne Bedeutung, da die Tochtergesellschaften mit einem entsprechend höheren Wert bilanziert werden müssen.
Hinweis: Die vorstehende Auflistung ist nicht abschließend; Quelle: BMF, Pressemitteilung v. 25.3.2015